Fossile Ressourcen sind endlich.

 

   Es war diese für einige Menschen überraschende Erkenntnis, mit der eine Forschergruppe des MIT Cambridge 1972 im Auftrag des Club of Rome die interessierte Öffentlichkeit aufrüttelte und daraus in dem gleichnamigen Buch Einsichten über die „Grenzen des Wachstums“ ableitete. Das ist mehr als 50 Jahre her, aber die Erkenntnisse der Club-of-Rome Studie sind noch immer höchst relevant, geraten sie heute doch in der aktuellen Diskussion oft in den Hintergrund.

 

 

 

Denn bereits in diesem Buch sind einige notwendige Schritte zu einer nachhaltigen Entwicklung der Menschheit dargestellt und es ist darauf hingewiesen worden, dass grundlegende Veränderungen der westlichen Lebens- und Wirtschaftsweise notwendig sind, um die Lebensperspektiven zukünftiger Generationen dauerhaft zu sichern.

 Hier zwei Zitate aus der deutschsprachigen Ausgabe:

 „Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.“ (S.17)

 „Aus diesem teuflischen Regelkreis können uns technische Lösungen allein nicht herausführen.“(S.172)

 Die Ergebnisse der Studie basieren auf Systemmodellierungen, in die zahlreiche Einflussparameter und alternative Entwicklungskonstellationen eingeflossen sind. Die Daten wurden in ein Computermodell eingebracht, das als CD verfügbar ist. Es läuft heute auf jedem PC. Dennis Meadows und seine Kolleg*Innen benötigten damals noch hochmoderne Großrechner.

 Dabei hat der Bericht viele Aspekte, die heute im Vordergrund der Nachhaltigkeitsdiskussion stehen, noch gar nicht auf dem Schirm: z.B. die Erderwärmung, die Verschmutzung der Böden und Meere und das Artensterben. Er stellt vielmehr vor allem auf das rasante Bevölkerungswachstum (verkürzt, wie ich finde) sowie die nicht nachwachsenden Naturvorräte ab. Wir entnehmen der Erde fossile Brennstoffe, Metalle und andere Ressourcen, geben ihnen aber keine Möglichkeit zur Reproduktion, zumal diese nach menschlichem Zeitverständnis schier endlos gedauert hat und wieder dauern würde. Denn Kohle- und Metallvorräte haben sich über Jahrmillionen in der Erdkruste eingelagert, so dass sie heute als nicht vermehrbar angesehen werden müssen. Jeder Verbrauch dieser Ressourcen bedeutet einen Verzehr unwiederbringlicher Substanz. Daher kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass bei gleichbleibender oder zunehmender Nutzung der fossilen Ressourcen die Vorräte binnen überschaubarer Zeit aufgebraucht sein werden.

 Diese Ergebnisse sind von späteren Kritikern als zu pessimistisch kritisiert worden. Tatsächlich haben sich die fossilen Vorräte als robuster und langlebiger herausgestellt, als die Modelle der Studie erwarten ließen, vor allem durch die Erschließung bis dahin unbekannter Vorräte und neu in den Fokus gerückter Ressourcen wie z.B. Lithium. Hinzu gekommen sind Bemühungen zur Wiederverwendung z.B. von Metallschrott für neue Produkte. Auch Effizienzgewinne und andere Formen des technischen Fortschritts würden unzureichend berücksichtigt, so die Kritiker.

 So richtig diese Detailkritik angesichts der heute bekannten Vorräte sein mag, sie lenkt ab von der unbestreitbaren Tatsache der Endlichkeit dieser Ressourcen ab. Zudem wird der technische Fortschritt bisher stets überkompensiert durch ein ihn übertreffendes Verbrauchswachstum, den sog. Rebound-Effekt. Dadurch ist es nicht gelungen, die Naturinanspruchnahme insgesamt zu verringern, im Gegenteil. Der sog. Erdübelastungstag, also der Tag im Jahr, an dem die weltweiten Naturvorräte aufgebraucht sind, die schadlos im fraglichen Jahr verbraucht werden könnten, lag 2023 auf dem 2. August und damit sehr viel früher als 1970, als dieser Gedenktag auf den 29. Dezember fiel.

 Wie stellt sich die Verbrauchs- und Bestandssituation der fossilen Ressourcen heute dar? Schauen wir zunächst auf die fossilen Energieträger. Hier wird sichtbar, dass die Menschheit in den letzten 150 Jahren im exponentiell wachsenden Umfang nicht vermehrbare Energieträger verbraucht hat und immer noch verbraucht.  Denn trotz des Ausbaus regenerativer Energiegewinnung beträgt der Anteil der fossilen Energieträger weltweit immer noch 85% und das auf einem Niveau, das das Siebenfache des Vorkriegsniveaus ausmacht. Selbst wenn es gelingen sollte, die aktuellen Verbräuche nicht weiter zu steigern, eine sehr mutige Annahme, könnten die Vorräte vielleicht noch 100 bis 200 Jahre halten. Dennoch bedeutet es, dass die Menschheit in erdgeschichtlich gesehen minimaler Zeit die über Jahrmillionen aufgebauten fossilen Energieträger aufgebraucht hätte.

 Bei Metallen sieht die Situation sehr ähnlich, aber doch auch wieder unterschiedlich aus. Auch ihre Vorräte sind begrenzt, Metalle werden aber durch Nutzung nicht wirklich verbraucht wie fossile Brennstoffe. Sie stehen in Maschinen, Fahrzeugen, Gebäuden usw. nach dem Ende der Nutzungsdauer im Prinzip für eine Wiederverwendung zur Verfügung, wenn sie denn zurückgewonnen würden. Tatsächlich liegen die Recyclingquoten von Metallen aber in vielen Fällen weit unter den Möglichkeiten. Weniger als ein Drittel der rund 60 in einer UNEP-Studie untersuchten Metalle haben eine Recyclingquote von über 50 Prozent, 34 Elemente liegen sogar unter 1 Prozent.

Allerdings gibt es nur für fünf Metalle ein einigermaßen detailliertes Bild der Nutzungsdauern und der „sozialen“ Bestände: Aluminium, Kupfer, Eisen, Blei und Zink. Hier zeigt sich wie zu erwarten, dass wegen der unterschiedlichen Industrialisierungs- und Wohlstandsniveaus die Pro-Kopf-Bestände in entwickelten Industrieländern um das Fünf- bis Zehnfache höher sind als in weniger entwickelten Ländern. Dabei sind es überwiegend die sog. Entwicklungsländer, in denen die Primärgewinnung vieler fossiler Ressourcen stattfindet.

 In den sozialen Vorräten schlummern erhebliche Mengen, die die Primär-Gewinnung deutlich entlasten können. Daher ist die Rückgewinnung von Metallen aus vorherigen Nutzungszusammenhängen, das sog. urban mining, eine attraktive Strategie zur Mehrfachnutzung von Metallen und zur Verringerung der Importabhängigkeiten bei Primärrohstoffen. Das gilt insbesondere für Deutschland, das fast keine eigenen Primär-Metall-Vorräte mehr hat. In der deutschen Raffinade- und Rohstahlproduktion stammten im Jahr 2017 52 % des Aluminiums, 41 % des Kupfers und 43 % des Rohstahls aus sekundären Rohstoffen.

 Was die in der Erdkruste vorhandenen Bestände angeht, haben Edelmetalle und die sog. seltenen Erden wachsende Bedeutung erlangt.  Sie gehören heute zu den wichtigsten fossilen Rohstoffen, denn sie werden in vielen Geräten der digitalen Informations- und Kommunikationstechnik sowie der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen benötigt.

 Auch Aluminium ist wegen seiner vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten und seines geringen Gewichts zu einem sehr wichtigen Metall geworden. Primär wird es unter erheblichem Energieeinsatz aus Bauxit gewonnen, während über Recycling pro Kilo Aluminium sowohl ca. 9 Kilogramm CO2 und bis zu 95 Prozent der ursprünglich benötigten Energie gespart werden können. Dabei führt allerdings die Tatsache, dass Aluminium fast durchweg in Legierungen genutzt wird, dazu, dass ein Teil des Aluminiums während des Recyclingprozesses verloren geht oder das Recycling in Wahrheit im Downcycling mündet.

 Ein weiteres aktuell vielgenutztes Element ist Silicium, wenngleich dies Halbmetall von den Verfügbarkeiten her nicht zu den knappen Vorräten zu zählen ist. In der Erdhülle ist es nach Sauerstoff das zweithäufigste Element. Insbesondere für die Chipherstellung (Stichwort „Silicon Valley“) und für die Produktion von Solarzellen ist es in Form von Ferrosilicium jedoch elementar. Die weltweite Produktion jedoch ist sehr ungleich verteilt. Mit ca. 70 % Weltmarktanteil ist China das mit Abstand größte Erzeugerland und erzeugt zusammen mit Russland weit mehr als alle anderen Produzenten zusammen. Hieraus ergeben sich nicht unerheblich Abhängigkeiten der Weltwirtschaft von autokratisch regierten Ländern.

 Besondere Bedeutung hat neuerdings auch Lithium. Sein Primärvorrat wird auf weltweit 77 Mio. to geschätzt. Lithiumvorkommen befinden sich zu großen Teilen in Ländern des südlichen Amerika, in denen der Abbau erhebliche Umweltprobleme insbesondere in Bezug auf die Wasservorkommen darstellt. Allerdings ist Lithium durchaus auch in Europa vorhanden, dürfte aber wegen der Umweltprobleme hier kaum Perspektiven haben. Dennoch ist das Metall z.B. für die Energie- und Verkehrswende unverzichtbar, weil es ein wichtiger Bestandteil der notwendigen Speicher ist.

 Das gilt auch für die sog. Seltenen Erden. Das sind Spezialmetalle wie Cer, Lanthan oder Yttrium. Ihre größten Vorkommen befinden sich in der Inneren Mongolei (2,9 Millionen Tonnen), also in der Volksrepublik China. Das größte bekannte Vorkommen außerhalb Chinas ist Mount Weld in West-Australien. Tatsächlich sind die „Erden“ wie Silicium nicht wirklich selten, werden aber wie auch Lithium unter schweren Umweltbelastungen hergestellt, die China in Kauf nimmt und sich damit fast eine Monopolstellung erworben hat.

  Auch mit der Primärgewinnung anderer Metalle wie z.B. Kobald und Kupfer sind zumeist erhebliche Umweltprobleme verbunden. Zum einen richtet der dabei angewandte Tagebau in den Gewinnungsregionen großflächige landschaftliche Schäden an, die menschliches Leben erheblich beeinträchtigen. Zum anderen werden Schadstoffe wie z.B. Arsen frei, die zerstörerische Wirkungen auf Menschen und Natur nach sich ziehen. Und nicht zuletzt gibt es für die Arbeiter, die die Stoffe abbauen, oft keinerlei Arbeitsschutz und soziale Absicherung.

 Ebenso wenig physisch knapp wie die Seltenen Erden ist Sand. Dennoch ist auch er zu einer begehrten und immer stärker nachgefragten Ressource avanciert, da die Bauwirtschaft weltweit stark wächst und der dafür überwiegend genutzte Beton ohne Sand nicht herstellbar ist. Allerdings sind nur bestimmte Sande nutzbar, während z.B. Wüstensande für die Betonherstellung wegen ihrer Feinheit unbrauchbar sind. Küstensand-Nachschub benötigt sehr lange Entstehungszeiten, so dass Bausand eigentlich auch eine nicht nachwachsende Ressource darstellt, deren Gewinnung zum Teil heftige Eingriffe in die Natur darstellt. Die Option, beim Hausbau auf Beton zu verzichten und nachwachsende Baustoffe wie Holz zu nutzen, wird leider allzu wenig genutzt.

 Zurück zum Buch über die Grenzen des Wachstums. Die zentrale Botschaft dieses Buches war die Betonung der Endlichkeit der fossilen Ressourcen und der Notwendigkeit, die Endlichkeit bei wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen mit zu bedenken, wenn auch die nachfolgenden Generationen an ihrer Nutzung gleichberechtigt teilhaben sollen. Es gibt zwei Strategien, mit diesem Phänomen umzugehen, ohne die Kinder- und Kindeskinder-Generationen zu benachteiligen:

  • Die Nutzung fossiler Brennstoffe muss immer weiter reduziert und schließlich zugunsten nachwachsender Energieträger aufgegeben werden. Wasserkraft, Sonne, Wind und Geothermie stehen im Prinzip unbegrenzt zur Verfügung, wenngleich zu ihrer Nutzung ebenfalls nicht-nachwachsende Rohstoffe unabdingbar sind. Auch grüne Energie ist nicht ohne fossile Ressourcen und die damit verbundenen ökologischen und sozialen Probleme zu haben.
  • Die Nutzung fossiler Vorräte, die nicht als Energieträger endgültig verbraucht werden, muss von der bisher weitgehend üblichen Einmal-Nutzung auf ein Kreislaufsystem umgestellt werden, ohne dass die Qualität der Sekundärrohstoffe wie derzeit noch recht oft spürbare Einbußen aufweist.

 Verzicht und Kreislaufwirtschaft, also die Nachhaltigkeitsstrategien Suffizienz und Konsistenz sind die Schlüssel zu einem sinnvollen und generationengerechten Umgang mit nicht nachwachsenden Rohstoffen. Nachhaltig geht auch hier.